9. Impuls


Die fragile Schale der Gesellschaft


Fabian Mayer, 17.03.2024

 

Im letzten Impuls am Mittwoch ging es um Hoffnungslosigkeit. Die KI Gemini von Google hat hier mehr oder wenig weitergeholfen. Allerdings so wirklich Vertrauen hat die KI noch nicht geschaffen. Heute wollen wir uns einem anderen Thema – nämlich dem Antisemitismus, dem Judenhass – in der Gesellschaft zuwenden.

 

Stellt euch vor, unsere Gesellschaft ist eine Schale. Eine fragile Schale, die uns alle umschließt und schützt. In dieser Schale leben wir zusammen, mit all unseren Unterschieden, aber auch mit unseren gemeinsamen Werten und Zielen.

Die Schale bröckelt

Doch diese Schale bröckelt. An vielen Stellen. Einer der Gründe dafür ist der Antisemitismus. Judenhass, der sich in Gewalt und Hassreden, aber auch in subtilen Formen wie Ausgrenzung und Vorurteilen zeigt.

Ein Beispiel dafür ist das koschere Restaurant am Josephsplatz in München. Um dorthin zu gelangen, muss man durch eine Sicherheitsschleuse. Um nur „Essen-gehen“ zu können, wird man erst nach Gesinnung und Vorhaben gefragt. Nach Aussagen des Kellners ist es allerdings ein notwendiger Schutz gegenüber Gewalt und Anfeindungen. In einem Land wie Deutschland, das sich als frei und tolerant versteht, sollte das eigentlich nicht notwendig sein.

Warum der Hass?

Warum aber gibt es diesen Hass? Warum diese Gewalt?

Der Stern hat es im Artikel „Woher der Hass auf Juden kommt“ (von Hans-Hermann Klare, 28.07.2014) folgendermaßen formuliert:

„Antisemitismus hat eine lange Geschichte. Was heute geschieht, hat jedoch nichts mit dem Hass auf Juden zu tun, weil einige von ihnen einst Christus ans Kreuz geschlagen haben sollen. Er lässt sich auch nicht erklären mit den pseudo-wissenschaftlichen Versuchen des 19. Jahrhunderts, Semiten als minderwertige Rasse darzustellen. Wenn es denn eine Konstante in zweitausend Jahren Judenhass gibt, dann wohl am ehesten jene, die Juden als andersartig und abgefeimt, als brutal und böse beschreibt.“

Im Artikel „Woher kommt der Antisemitismus?“ (Dorothee Adrian Donnerstag, 19.10.2023) zitierte das „schweizer Radio und Fersehen“ – kurz SRF – so:

„Kurz gesagt handelt es sich um eine «bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann», wie es in der Kurzdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance IHRA heißt.“

Jetzt stehen wir diesen Fakten gegenüber und sollen etwas tun? Denn Juden sind Menschen wie du und ich. Sie haben die gleichen Rechte und verdienen den gleichen Schutz wie alle anderen.


Scherben kitten

Unser Grundgesetz, Artikel 1, sagt: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Das gilt für alle Menschen, ohne Ausnahme.

Die Zunahme der Gewalt gegen die Würde des Menschen müssen wir uns als Anlass nehmen, wieder näher zusammenzukommen. Lasst uns die Scherben der gesellschaftlichen Schale kitten, die durch Hass und Gewalt entstanden sind.

Im Sinne von Kintsugi, der japanischen Kunst des Scherbenklebens, können wir die Schale sogar noch schöner machen als zuvor. Mit Mut, Toleranz und Liebe können wir die Risse kitten und die entstandenen Goldadern als Zeichen unserer Stärke und Widerstandsfähigkeit nutzen.


Aufruf zum Handeln

Lasst uns mutig sein und den Anfeindungen und dem Hass entgegentreten. Lasst uns für unsere Nächsten einstehen: im Internet oder am Arbeitsplatz oder im Zug oder zu Hause oder... Lasst uns zeigen, dass Antisemitismus und Judenhass in unserer Gesellschaft keinen Platz haben.

Betrachten wir dazu ein Beispiel für mutige Haltung gegen Antisemitismus auf Instagram

Was ist, wenn dir z.B. ein antisemitischer Kommentar auf Instagram begegnet? Wie kannst du vorgehen, wenn du auf folgende Situation triffst?

Du siehst auf Instagram einen Hasskommentar unter einem Beitrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der Kommentar ist antisemitisch und diffamiert Juden.

Mögliche Handlungen:

  1. Screenshot des Kommentars machen: Dokumentiere den Hasskommentar, indem du einen Screenshot davon machst.
  2. Den Kommentar melden: Melde den Hasskommentar an Instagram. Die meisten Plattformen haben dafür eine Funktion.
  3. Den Accountinhaber/in anschreiben: Schreibe dem Accountinhaber/in des Hasskommentars eine private Nachricht. Erkläre ihm/ihr, warum sein/ihr Kommentar antisemitisch und verletzend ist.
  4. Einen eigenen Kommentar schreiben: Schreibe unter den Beitrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einen eigenen Kommentar. In diesem Kommentar kannst du den Hasskommentar verurteilen und ein Zeichen für Solidarität mit Juden setzen. Möglicher Kommentar:

"Ich finde es schockierend, dass solche antisemitischen Kommentare hier geäußert werden. Judenhass ist keine Meinung, sondern menschenverachtend. Ich setze mich für ein tolerantes und respektvolles Miteinander ein."

Zusätzliche Tipps:

  • Du kannst auch andere Menschen dazu auffordern, den Hasskommentar zu melden und den Accountinhaber/in anzuschreiben.
  • Wenn du dich bedroht fühlst, kannst du den Vorfall auch bei der Polizei anzeigen.

Auch wenn man aus der eigenen Komfortzone treten muss, ist es wichtig.

Es ist wichtig, dass wir uns gegen Antisemitismus und Hassreden einsetzen. Auch kleine Aktionen können einen Unterschied machen. Indem wir mutig unsere Meinung äußern und Hasskommentare melden, können wir gemeinsam die Schale unserer Gesellschaft wieder zusammenfügen und ein starkes Zeichen für ein friedliches und tolerantes Miteinander setzen.